Bolivien in Deutschland

Das Neue Wirtschaftsmodell

Modelo Neoliberal vs. Nuevo Modelo
Modelo Neoliberal vs. Nuevo Modelo

In der Vergangenheit hatte sich in Bolivien ein vorherrschendes Entwicklungsmodell verfestigt, das vor allem auf den Export ausgerichtet war. Ein Modell also, das auf den Abbau und Export von Rohstoffen zum Wohle einiger Weniger beruhte. Seit dem Amtsantritt der Regierung von Evo Morales und der Verabschiedung der aktuellen Verfassung legt das „Neue wirtschaftliche, soziale, gemeinschaftliche und produktive Modell“ seinen Schwerpunkt auf die Produktion und Umverteilung des Volkseinkommens. Es geht um den Wandel der produktiven Struktur, weg vom alten Export-Modell, hin zu einem Modell, in dem die Produktion Vorrang hat und den Erzeugnissen Mehrwert hinzugefügt wird.   Ein sofortiger Wandel als eine direkte Abkehr vom kapitalistischen Produktionsmodell ist nicht die Absicht  Modells. Damit eine angemessene Umverteilung der wirtschaftlichen Überschüsse gelingt, muss zunächst das wirtschaftliche Fundament gelegt werden. Bisher konnte mit dem neuen Wirtschaftsmodell die Abhängigkeit vom ausländischen Kapital überwunden werden. Auch wurde die Generierung heimischen Sparkapitals für Investitionen, den Abbau der Auslandsschuld und die Erwirtschaftung eines Haushaltsüberschusses erreicht.

Mit einer gewissen Ruhe kann Bolivien heute durch die aktuellen Wirtschaftsturbulenzen auf dem Weltmarkt navigieren. Zu verdanken hat das Land dies der Regierung von Präsident Evo Morales, die zur Stärkung des Binnenmarktes in den letzten fünf Jahren entsprechende Vorkehrungen getroffen hat und so nicht mehr ausschließlich vom Außenhandel abhängt. Dabei nimmt der Staat heute eine hoffnungsvolle Schlüsselposition ein: Planung in der Wirtschaft, Verwaltung öffentlicher Unternehmen, Investitionen in den produktiven Sektor, Aufgaben als Bankier, Regulator und unter anderem die Umverteilung von Überschüssen bevorzugt an Gesellschaftsgruppen, die von den Politiken der Vorgängerregierungen nicht profitiert haben.

Bolivien soll durch diese neuen Befugnisse des Staates in ein Industrieland verwandelt werden. Notwendig ist dafür ein abgestimmtes Handeln folgender vier Wirtschaftsakteure: Staat, Privatwirtschaft, Gemeinschaften und Genossenschaften. Genau für die Einbeziehung all dieser Akteure steht das pluralistische Modell bzw. die pluralistische Ökonomie.

Warum der Name?

Das Neue Wirtschaftliche, Soziale, Gemeinschaftliche und Produktive Modell ist sozial, weil es die Lösung gesellschaftlich-sozialer Probleme vor die Lösung individueller Probleme stellt.

Gemeinschaftlich: Nicht nur, weil das Hauptziel das Gemeinwohl und Wohlstand für alle ist, sondern auch, weil es Traditionen und Werte der bäuerlich-originären indigenen Völker aufgreift, die im neoliberalen Modell durch den übertriebenen Individualismus bisher ausgeschlossen blieben. Grundlegende Werte wie Solidarität in das neue Modell mit aufzunehmen erschien darum eine Notwendigkeit. Der Staat muss ein solidarischer Staat sein. Seine Politiken müssen solidarische Bestandteile aufweisen.

Produktiv: Weil die Armut, die in Bolivien herrscht, nicht allein dadurch beseitigt werden kann, dass die Hände nach Hilfe ausgestreckt werden. Der einzige Weg aus der Armut in Würde, Verantwortung und Nachhaltigkeit verläuft über die Produktion. In der Produktion liegt der Schlüssel für Boliviens Transformation. Zur Kanalisierung von Produktivkrediten und zur schrittweisen Veränderung des Produktionsbereichs wurde aus diesem Grund die Bank für Produktive Entwicklung (BDP) gegründet.

Das vorherrschende Exportmodell ändern

Das Neue Wirtschaftliche, Soziale, Gemeinschaftliche und Produktive Modell identifiziert zwei Sektoren: den strategischen Sektor zur Erwirtschaftung von Überschüssen und den Sektor zur Schaffung von Einkommen und Arbeitsplätzen.
Zur Erwirtschaftung von Überschüssen in Bolivien bestimmt das Modell vier strategische Sektoren: fossile Brennstoffe (Öl, Gas), Bergbau, Elektrizität und Umweltressourcen.
Das bisher vorherrschende Exportmodell wurde von alten, traditionellen Sektoren aufrechterhalten. Das Land kann nicht von einem Tag auf den anderen verändert werden; um aus dem negativen Kreislauf auszubrechen ist eine Strategie vonnöten, die auf dem neuen Modell beruht. Einige der Sektoren zur Erwirtschaftung von Überschüssen sind die verarbeitenden Industrien, Tourismus, Bauwirtschaft, landwirtschaftliche Entwicklung und andere, die bisher nicht dynamisiert wurden.

Um gemäß des neuen Modells ein produktives Bolivien zu entwickeln, den produktiven Wandel zu schaffen, sprich das vorherrschende Exportmodell zu verändern, müssen die Überschüsse der Sektoren fossile Brennstoffe, Bergbau und elektrische Energie in Sektoren fließen, wo es einer Art Grundsteinlegung bedarf, eines Samens für ein produktives Land: die verarbeitenden Industrien, Tourismus, Bauwirtschaft, landwirtschaftliche Entwicklung.

Der Staat als Umverteiler

Der Staat wirkt als Umverteiler und muss die Fähigkeit haben, erwirtschafteten Überschuss in Richtung jener Sektoren zu transferieren, die Einkommen und Arbeit generieren. Mit anderen Worten soll Bolivien von seiner Rohstoffexport-Abhängigkeit befreit werden, um das vorherrschende Exportmodell aufgeben zu können und ein industrialisiertes und produktives Bolivien aufzubauen.

Wenngleich Bolivien noch für eine gewisse Zeit dem alten Exportmodell folgen wird, so muss dieses Mal endlich Klarheit über Ziel und Weg herrschen. Es handelt sich hier um ein Wirtschaftsmodell, das auf dem Erfolg staatlicher Verwaltung der Bodenschätze beruht. Das Modell ist für die bolivianische Wirtschaft entwickelt worden und hängt davon ab, wie die natürlichen Ressourcen verwaltet werden.

Wer sind die Akteure des Modells?

In der politischen Verfassung des Staates (CPE) findet das Modell der Pluralen Wirtschaft seinen Ausdruck, wo vier grundlegende Akteure festlegt werden: der Staat, die Privatwirtschaft, die Genossenschaften und die Gemeinschaften.

Als Förderer, Organisator und Umverteilter von Einkommen ist der Staat wichtigster Spieler dieser Mannschaft. Es folgt das klassische Privatunternehmen, das Arbeitsplätze schafft und in der Selbstbestimmung seiner Produktion und Verteilung eine gewisse Unabhängigkeit vom Staat genießt. Auch die gesellschaftlich-genossenschaftliche Wirtschaft ist Teil der pluralen Ökonomie, haben die Genossenschaften in Bolivien doch eine tiefe Verwurzelung, nicht nur im Bergbau, auch im ländlichen Bereich und im Finanzsektor.

Der wichtigste Faktor der Pluralen Wirtschaft ist die Anerkennung jener Akteure, die in der gemeinschaftlichen Wirtschaft agieren. Bisher haben Produktionsformen der originären Völker, die hauptsächlich in ländlichen Gebieten fortbesteht, keine Anerkennung erfahren.

Laut Verfassung muss der Staat die gemeinschaftliche Wirtschaft technisch und finanziell unterstützen. In die Förderung einbezogen werden müssen aber auch die drei anderen Akteure.

Deutschland: Außenwirtschaft - Handel - Export

Auswärtiges Amt - Beziehungen zwischen Bolivien und Deutschland
Politische Beziehungen - Die bilateralen Beziehungen sind gut: das Hauptgewicht liegt auf der Entwicklungszusammenarbeit. Im November 2010 besuchte der Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, Bolivien.

IHK -Wettbewerb 2012: Deutsche Berufsschule La Paz unter den zehn Besten
Soziale und ökologische Folgen der globalisierten Wirtschaft kennen lernen, unternehmerische Verantwortung übernehmen, mit Partnern international zusammenarbeiten und moderne Lernmedien einsetzen.

Wirtschaftsdaten kompakt: Bolivien (Stand Mai 2012)
Daten zu Wirtschaft und Beziehungen zwischen EU-Bolivien und Deutschland-Bolivien

LIPortal » Bolivien » Wirtschaft & Entwicklung
In ihrer neueren Entwicklung kann die bolivianische Wirtschaft in zwei Perioden unterteilt werden: 1985 – 2005: Mit dem Regierungswechsel in 1985 (von Siles Suazo zu Paz Estenssoro) ging ein grundlegender Wandel der wirtschaftspolitischen Strategie einher. Die Neue Ökonomische Politik (Nueva Política Económica, NPE) beinhaltete die Abkehr vom staatskapitalistischen Entwicklungsweg bei gleichzeitiger Hinwendung zu einem neoliberalen Entwicklungsmodell.